Kreuz und Kopftuch – Neutralitätsgesetz und neues Recht auf „negative Religionsfreiheit“

18. September 2020 Aus Von Wandereremitin
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Kreuz und Kopftuch – Neutralitätsgesetz und neues Recht auf „negative Religionsfreiheit“

 

 

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Manchmal dauert es, bis ich verstehe, was da grundlegend im Verborgenen längst beschlossen bzw. konkret: mir als bekennende Christin im Alltagsleben inmitten Ungläubiger geraume Zeit schon versagt ist.

 

Nicht unbedingt verwunderlich, denn aufgrund des Kleides, das ich trage – ununterbrochenes Glaubensbekenntnis –, bin ich von jeher die unterschiedlichsten Reaktionen gewohnt: die da reichen von überschwänglicher Freude und Umarmung bei meinem Anblick bis hin zu unverhohlener Verachtung und angespien werden. 

 

Seit einiger Zeit indes, finde ich mich zudem an jenen Orten, wo ich länger verweile, in meinem sozialen Engagement derart beschnitten, dass es mir nicht mehr möglich ist, „mich eben mal kurz mit helfender Hand“ – z. B. in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern oder dergleichen – einzubringen. Denn die staatlichen Auflagen zur selbstlosen Hilfeleistung sind mit den Jahren derart verheerend ins Unchristliche mutiert, dass ich nunmehr vorab erst jedes Mal eine Vielzahl medizinischer Eingriffe in und an meinem unversehrten Leib zulassen müsste: Und somit mindestens gegen ein Gebot des Herrn „nicht vorzusorgen“ (Mt 6,25) verstieße. Schwerer aber noch wiegen mir in diesen Tagen Neutralitätsgesetz und Gutachten dazu, welche den Zeitgenossen uneingeschränkt ein Recht auf „negative Religionsfreiheit“ bescheinigen, womit am Ende faktisch ein jeder Christ, trotz verfassungsrechtlich verbürgter Religionsfreiheit und Gleichstellungsgesetz in deutschen Landen, mittlerweile von vornherein gedisst und diskriminiert in der Welt dasteht.

 

Und obgleich „christliche Werte“ dereinst gar als Leitbild für die Gestaltung Europas Pate standen, ist der Prozess der Säkularisierung europaweit und innerhalb Deutschlands derart weit fortgeschritten, dass selbst in der Brüder Köpfe nunmehr überwiegend jene Lebensmaxime von einer „gelebten Wertefreiheit“ vorherrscht. Die Grundlage dazu bildet nicht zuletzt ein Gerichtsbeschluss des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2018 (September) der – das bis dato garantierte Selbstbestimmungsrecht kirchlicher Arbeitgeber – nunmehr grundlegend einschränkt, indem er per AGG § 9 festsetzt, dass: „ein loyales Verhalten im Sinne des kirchlichen Selbstverständnisses nicht pauschal für alle Tätigkeiten gefordert werden darf“ (Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Religion/Weltanschauung, „Kopftuch am Arbeitsplatz“).

 

Nun, dass es eine Grundsatzdebatte über „Kopftücher am Arbeitsplatz“ inmitten eines Landes gibt, welches in der „Präambel“ zu seinem Grundgesetz zunächst zertifiziert vorausschickend klarstellt, es explizit: „im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott …“ erlassen zu haben, war vorauszusehen. Indes, dass ich nunmehr als Christ im öffentlichen Dienst tätig, wie an Schulen oder am Gericht, weder mehr „auffallend religiös oder weltanschaulich geprägte Kleidungsstücke“ noch ein Kreuz sichtbar am eigenen Leibe tragen darf, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Und ist mir auch jetzt noch äußerst befremdlich. Vor allem dort, wo sich hierzulande Kopftuch und Kreuz einander gleichgestellt finden. Das ist mir in etwa so, als negierte einer die gegensätzliche Auswirkung von „heiß“ und „kalt“ oder den diametralen Bestimmungszweck von Feuer und Wasser bei einem Hausbrand.

 

Denn unterdessen im Koran das Kopftuchtragen einer Muslima, sowohl ihr als auch im Hinblick auf die Mitbrüder, vornehmlich als sichtbares Zeichen des eigenen Keuschheitsgrades geboten ist, steht es derweil bei einer Christin „um das öffentlich zur Schau gestellte Kreuz“ absolut konträr dazu. Sie trägt es nicht aus Eigennützigkeit am Körper. Sondern zeugt dadurch von dem eingeborenen Sohn des ewigen Vaters, Jesus Christus, der um unser aller Abkehr von Gott wegen, an ein reales Kreuz angenagelt, aufgehängt und gestorben ist. In letzter Konsequenz einmalig zu der gesamten Menschheit Heil: In der Erlösung ihrer, aus der Knechtschaft jedweden irdischen Seins. Zudem zeugt eine Christin vollumfänglich allein im Auftrag des Herrn und Schöpfers aller Welt: und damit gänzlich gegensätzlich zur Muslima, die laut „Gießener Allgemeine“ („Referat zur Bedeutung des Kopftuchs im Frauenkulturzentrum“, 16.11.2015) ihr Tuch auf dem Kopf vornehmlich um eines „Sicherheitsgefühles“ wegen, „Schutz vor Belästigung“ oder „religiösem Pflichtgefühl heraus“ trägt. Was ich nun mühelos nachempfinden kann, trug ich doch selbst Jahre einen Schleier, am Ende gar mit Hülle, und hatte bei meinem Austritt aus dem Kloster kurzzeitig zunächst das beklemmende Gefühl, nunmehr unkeusch und ungeschützt auf der Straße unterwegs zu sein. Doch Empfindungen kommen und vergehen, Jesus Christus indes bleibt in Ewigkeit. 

 

Folglich nein: Kopftuch und Kreuz sind absolut nicht gleichzusetzen! Das eine steht für „Fleisch und Blut“, sprich für Gott den Lebendigen daselbst, das andere für leblose Materie. Ein leerer Krug – und sei der noch so vollendet edel gefertigt – nützt dem eben vor Durst Vergehenden nicht im Mindesten.

 

Und das macht den Unterschied: Uns ist das Kreuz nicht Schmuckstück oder Zeichen einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Menschengruppe, sondern unerlässlich fester Bestandteil des Sendungsauftrages, den der Herr, Jesus Christus, uns, seinen Jüngern, einzig und unmissverständlich erteilt hat:

„Geht hinaus in alle Welt und verkündet das Evangelium allen, die erschaffen sind!“

(Mk 16,15)

 

Verkündigung! Und was ist das Evangelium, das wir zu verkünden haben?

Lehre Christi! 

 

Was hat Christus gelehrt?

Hoffnung auf Erlösung – hin zu ewigem Leben – vermittels Kreuz. 

Oder kurz:

Im Kreuz ist Heil!

 

So jedenfalls tat der Sohn Gottes:

„Er selbst trug das Kreuz und ging hinaus zur sogenannten Schädelstätte, die auf Hebräisch Golgota heißt.“

(Joh 19,17)

 

Unser aller Sendung ist folglich die Verkündigung dieser Lehre – und zwar in Wort und Tat. Diese Botschaft „vom Heil vermittels Schultern des alltäglichen Kreuzes“, wie der Meister daselbst zu Lebzeiten, ebenso konsequent an die Öffentlichkeit zu bringen.

 

Und wie expediere ich diese Botschaft dem Gemeinwesen?

 

Nun, das versteht sich von selbst, nicht wahr? Auf jeden Fall nicht, indem ich alle Zeugnisse dessen – wie eben Kreuz oder Habit – verborgen trage. Denn: „Niemand zündet eine Leuchte an und deckt sie mit einem Gefäß zu oder stellt sie unter ein Bett, sondern man stellt sie auf den Leuchter, damit jene, die eintreten, das Licht sehen.“ (Lk 8,16) Folglich: „Gebet nun acht, wie ihr hört!“, warnt stattdessen der Herr. „Denn wer hat, dem wird gegeben werden, und wer nicht hat, dem wird auch das noch genommen werden, was er zu haben meint.“ (Lk 8,18-19)

 

Und von daher stehen sämtliche Gesetze, welche mir verbieten sichtbar vor aller Welt Zeugnis zu geben, entgegen dem Sendungsauftrag meines Herrn. Dann doch besser keine Anstellung in öffentlichen Diensten – vergessen wir nicht: das irdische Leben ist kurz. Wann immer wir uns gezwungen sehen, eine Entscheidung gegen die Verkündigung vom Kreuz und der Erlösung darin zu treffen, gilt konsequent:

„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“

 (Apg 5,29)

 

Und schämen wir uns nicht des Menschensohnes, sondern folgen wir Ihm nach, damit Er sich am Ende nicht gar noch unser schämen muss, wenn Er in seiner und des Vaters Herrlichkeit erscheint (Vgl. Mk 8,38; Lk 9,26).

Eifern wir stattdessen in jeder Sekunde unseres Erdenlebens den Aposteln nach, die, als sie vom „Hohen Rat“ eingesperrt, ausgepeitscht und anschließend aufgefordert wurden, nicht mehr in dem Namen Jesu zu verkünden:

„… freudig vom Hohen Rat fortgingen, weil sie gewürdigt worden waren, für den Namen Jesu Schmach zu leiden. Und sie hörten nicht auf, jeden Tag im Tempel und Haus für Haus zu lehren und das Evangelium von Jesus dem Christus zu predigen.“

(Apg 5,41-42)

 

Wie das Judentum, so ist auch das Christentum nicht zu vernichten, ohne dass die Menschheit sich selbst dabei vernichtet. Da unser Heil von den Juden (Joh 4,22), indes das des Restes der Welt von uns Christen kommt. 

 

Fürchten wir uns folglich nicht länger vor denen, „… die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können“, sondern fürchten wir uns „eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann!“ (Mt 10,28)